The Irishman
„I heard you paint houses?” fragt Jimmy Hoffa alias Al Pacino den späteren Irishman Frank Sheeran alias Robert De Niro. Nicht nur in Martin Scorseses gleichnamigem Epos meistert Gewerkschaftsboss Hoffa den Slang der Gangster nonchalant. Häuser anstreichen ist zu dieser Zeit der Code dafür, jemanden umzubringen. Im Film sieht man dann während des Telefonats das Blut nur so an die Wand spritzen: morbides Action Painting à la Jackson Pollock. I heard you paint houses lautet auch der Titel der literarischen Vorlage von Charles Brandt. Robert De Niro steht seit 1995 in Casino zum ersten Mal wieder unter der Regie des Altmeisters vor der Kamera, ihm zur Seite die Old Fellas Al Pacino, Joe Pesci und Harvey Keitel – Porträt der Künstler als ältere Männer. Mein persönlicher Favorit in einer kleinen Rolle als Bodyguard mit Loyalitätsproblem: der ehemalige Schwergewichtsprofi „Big“ Robert Mladinich. Ansonsten erfährt man: Töten ist eine ernste und unromantische Angelegenheit und mit dem Familienleben nur schwer in Einklang zu bringen. Darüber hinaus, dass in Filmen von Martin Scorsese sehr viel geredet wird, was zur Vermutung führt, dass Quentin Tarantino viele Scorsese-Filme gesehen haben muss. Und überhaupt sollte Scorsese endlich einen Roman von Dostojewski verfilmen. Letzte Erkenntnis nach 209 Minuten in der Matinee der lichtspiele-kalk.de, samstags 11:30: Michel Foucault hatte recht, das Kino setzt jegliches Zeitempfinden außer Kraft, schafft Illusionsräume, die die Taktung des Alltags unterlaufen, „wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplazierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind.“